Seiten

4. Februar 2009

Qualitätssteigerung als Mittel gegen den Untergang der Qualitätszeitungen?!

Das Thema der Qualität von (traditionellen) Zeitungen beschäftigt auch weiterhin die Fachwelt wie auch diesen Blog. (Tags 'Qualitätsjournalismus', 'Zeitungen').

In einer europaweiten Studie des Journalistikprofessors Michael Haller von der Universität Leipzig wird zum einen festgestellt,
"dass die Gratiszeitungen in Europa ein Übergangsmedium sind. Den Zeitungslesermarkt haben sie dennoch bereits nachhaltig beschädigt."

Die Studie wurde im Fachmagazin für Journalismus, Message, Ausgabe 1-2009' (dessen Herausgeber Haller ist) publiziert ("Untergang einer Geschäftsidee"), die NZZ berichtet am 30. Januar 2009 darüber ("Pendlerblätter schaden der ganzen Branche"). Haller entdeckt in der Studie Hinweise,
"dass die Marktverstopfung mit Billigprodukten nun die gesamte Gattung Tageszeitung beschädigt".
Bereits im Februar 2008 hat die NZZ dazu ein Interview mit Haller publiziert: "Die Laufzeit dieses Modells ist begrenzt".
"Haller bestreitet nicht, dass die Tagespresse insbesondere in Frankreich und Italien bereits lange vor der Einführung der Pendlerblätter unter Reichweiten- und Auflagenverlusten litt. Doch seien deren «Schwundraten» seit dem Erfolg der Gratistitel überproportional gestiegen. In Deutschland, wo die Verleger die Gratispresse durch Abwehrstrategien nicht eindringen liessen, seien die Reichweite und die Anzeigenerlöse der Kaufpresse im selben Zeitraum weniger stark zurückgegangen."
Spätestens wenn mobile Geräte mit billigem und einfachem Internet-Zugang sich durchgesetzt haben, werden die Gratisblätter nach Haller wieder verschwinden, da
"das junge Publikum über Online-Plattformen viel besser mit Infotainment bedient werden, als dies heute Gratisblätter zu tun vermöchten."
Demnach sind in spätestens 10 Jahren die Pendlerzeitungen vom Markt verschwunden. Und auch die Frage, was die Qualitätszeitungen gegen diese Entwicklungen unternehmen können, beantwortet Haller:
"Den Verlegern empfiehlt Haller, die klassischen Zeitungen zum hochwertigen Produkt umzubauen, «für das eine Minderheit der Erwachsenen auch den doppelten Preis bezahlen würde». Die Zukunft der Zeitungen liege in der Hand der Verleger: «Stärken sie die publizistische Qualität, oder schwächen sie dieselbe über neue Sparprogramme?», fragt Haller rhetorisch."
So einfach ist das also. Immerhin wird - indirekt - anerkannt, dass Qualitätsjournalismus "richtig Geld kostet", wie schon Miriam Meckel hier festgestellt hat. Aber während Miriam Meckel auch unmissverständlich klar macht, dass die Zeitungen sich ändern müssen, wenn sie überleben wollen, geht Haller nicht weiter auf das Geschäftsmodell für die Zeitung der Zukunft ein - zumindest nach Vorlage der verfügbaren Quellen, die Studie ist leider nicht Online frei verfügbar. Es bleibt also offen, was das Mittel gegen die Auflösung der Grundfeste des Geschäftsmodells der traditionellen (Qualitäts-) Zeitung ist.

Aber die Qualität scheint ein zentraler Schlüssel zu sein, zumindest nach Meinung der Vertreter der traditionellen (Qualitäts-) Zeitungen. Auch auf der DLD (Digital, Life, Design) - Konferenz der Hubert Burda Media von Ende Januar 2009 in München war das ein Thema. Und Hubert Burda stellt genervt fest:

"Wir dachten alle, im Web gäbe es ein gutes Werbemodell", sagte der Verleger, "aber es hat nicht geklappt. Google hat alles verändert."
Also Google ist an Allem schuld. Und die Tatsache, dass man Online kein Geld druch Werbung verdienen kann. So jedenfalls das Fazit gemäss dem Beitrag "Werbekrise: Nur Qualität kann Google schlagen" in Spiegel Online vom 30. Januar 2009. Oder in der F.A.Z. vom 3. Febraur 2009: "Verleger müssen wie Google denken".

Google also als Vorbild für das Überleben des Qualitätsjournalismus, der Qualitätszeitungen? Man darf skeptisch bleiben.

Die Schweizerische Post versucht aber genau das: Die schöne neue Google (Online-) Welt von Google News wird mit der traditonellen, gedruckten Zeitung verknüpft: Im Projekt PersonalNews wir der Leser sein eigenener Chefredakteuer.

"Was ist PersonalNews?
PersonalNews ist, was Sie lesen möchten. Sie bestimmen den Inhalt aus über 20 nationalen und internationalen Zeitungstiteln. Wählen Sie zum Beispiel den Wirtschaftsteil aus Zeitung A und den Sportteil aus Zeitung B. Am nächsten Tag wird Ihnen Ihre persönliche PersonalNews per Post in den Briefkasten oder per E-Mail zugestellt."
(FAQ zu PersonalNews, Beitrag im Medienspielge.ch)
Zumindest bis zum Ende des Pilots Ende Februar 2009. Ein spannender Versuch! Aber eine geeignete Massnahme zur Erhaltung der (Qualitäts-) Zeitung?

Und noch das: Im Magazin 'the Atlantic' fragt Autor Michael Hirschorn: "Can America’s paper of record survive
the death of newsprint? Can journalism? End Times" und zeichnet ein düsteres Bild:


"Regardless of what happens over the next few months, The Times is destined for significant and traumatic change. At some point soon—sooner than most of us think—the print edition, and with it The Times as we know it, will no longer exist. And it will likely have plenty of company."
Die Diskussion über die Entwicklungen und effiziente Massnahmen - wofür oder wogegen auch immer - bleibt spannend!

Bildquelle und ©: Stephanie Hofschläger/PIXELIO

Keine Kommentare: